Samstag, April 20, 2024

SERUM 114 Sänger Esche im Antiheld-Interview über Comichelden, Punkrock und Kommerz

Pressure Magazine traf Serum 114-Sänger Christian „Esche“ Eschweiler und sprach mit ihm über das „Antiheld“-Album, seine Vorliebe zur Fotokunst und düsteren Comichelden. Das Studioalbum „Antiheld“ ist am 29. April 2011.

SERUM 114 ist in den letzten Jahren immer wieder für ein Begriff für „Punkrock“ geworden. Nicht nur in der Szene seid ihr bekannt, denn schließlich habt ihr neben eurem recht erfolgreichen ersten Album, den Titelsong zu Stefan Raabs Stock Car Crash Challenge beigesteuert.  Damals dachte ich eigentlich, dass ihr jetzt ganz groß durchstartet und eure Poster bald als Beilage in der BRAVO zu haben sind.  Diese Kommerzialisierung habt ihr jedoch nicht mitgemacht, woran lag’s?

Esche: Alles ging relativ schnell, Nils hatte die Band zusammengetrommelt, wir hatten zusammen 4 Demosongs geschrieben und plötzlich einen Deal in der Tasche. Das komplette Album lag dann auch relativ schnell auf dem Tisch. So schnell wie das ganze auf der Bildfläche erschienen war, war es dann auch wieder verschwunden, im Rahmen der Weltwirtschaftskrise ging unser damaliges Label Bodog Music in die Insolvenz. In der Bravo wären wir glücklicherweise nie gelandet, denn für die waren wir damals wohl schon zu alt mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren. Wir leben in einer kranken Welt…

Pressure Magazine: Wie kam das denn genau zustande, dass ihr den Titelsong für Stefan Raab’s „Stock Car Crash Challenge“ beisteuern konntet?

Esche: In allen Branchen gibt es ja diese sogenannten „Pitches“. In diesem Fall waren da sicher auch noch andere Bands, die alle diesen Sendeplatz genommen hätten und dann ist die Frage, wer gewinnt den Pitch und woran liegt das? Letztlich hatten wir das auf jeden Fall mit unserem Song „Adrenalin“ geschafft und das hat uns ein klein wenig weitergebracht.

Wenn man bedenkt, dass wir 3.000 Alben verkauft haben, würden sich andere Bands die Finger lecken. Bedenkt man aber, was da im Vergleich geleistet wurde, steht das in keinem Verhältnis.

Das schöne an der jetzigen Situation ist, dass das Rookies & Kings Label eher ein Indie Label ist und uns bis zu einem gewissen Grad selbst machen lässt. Somit haben wir die Möglichkeit, selbst aufzunehmen, ohne das uns jemand reinquatscht in die ganze Chose. Somit ist es uns möglich, die Scheibe so abzuliefern, wie wir sie abliefern möchten.

„Es ist auch nicht falsches daran gute Platten zu produzieren, gute Songs zu schreiben und die auch zu verkaufen – die Frage ist, bist du wirklich das, was du singst oder tust du nur so.“

Pressure Magazine: Was machst du eigentlich im normalen Leben, wenn du nicht Musik machst?

Esche: Ich bin Fotograf, und versuche mich auf die Bereiche People und Editorial zu spezialisieren. Man kann bald mein neues Portfolio unter www.peopleshootinpunkass.com anschauen. Leider muss ich sagen dass mir diese Branche immer mehr auf den Sack geht. Ein erfolgreicher Fotograf muss nicht zwangsläufig ein guter Fotograf sein, viel läuft über Image und Kontakte. Manche Fotografen scheinen sich VOR der Kamera viel wohler zu fühlen, als dahinter… Das macht irgendwie keinen Sinn. Gute Fotos sind wie gute Songs und wie auch in der Musik geht auch hier nichts ohne gute Kontakte.

Ich nutze den Job, um meine Kröten zu verdienen und mir wieder eine neue Klampfe zu kaufen. Außerdem habe ich Spaß daran Momente festzuhalten. Fotografie wird ja auch gerne gleichgesetzt mit Kunst, aber die meisten Fotografen, die sich als Künstler bezeichnen, die können mich mal, die machen alles, aber keine Kunst… Die wollen auch alle nur verkaufen, woran ja grundsätzlich nichts falsch ist. Es ist auch nicht falsches daran gute Platten zu produzieren, gute Songs zu schreiben und die auch zu verkaufen – die Frage ist, bist du wirklich das, was du singst oder tust du nur so.

Pressure Magazine: Welche Songs gefallen dir auf der neuen Scheibe persönlich am besten und weshalb?

Esche: Die Frage müsste lauten: welche Songs gefallen dir nicht so gut? Ich glaube wir haben es tatsächlich geschafft 13 Songs aufzunehmen unter denen keiner ist, der mir nicht gefällt. Wer mich kennt, weiß dass das eigentlich unmöglich ist. Mir persönlich gefällt Ich bin so, der zu einem großen Teil dieses Album repräsentiert. Außerdem gefallen mir die Titel Dummer Junge und Der Weg den die Verlierer gehen sehr gut. Mit „Stadt die wir lieben“ ist uns, wenn man es so sehen mag, letztlich sogar doch ein kleiner Hit gelungen. *lacht*

Pressure Magazine: In welcher Art und Weise habt ihr an eurem neuen Album „Antiheld“ gearbeitet?

Esche: Ich habe in den letzten 2 1/2 Jahren etwa 25 Songs geschrieben und vorproduziert aus denen letztlich die 13 besten ausgewählt wurden. Die Hauptproduktion haben Thorsten und ich gestemmt, sie hat etwa 3 Monate gedauert – relativ lange also für eine Punkrockscheibe. Das lag daran, dass wir, wie bereits erwähnt, alles selber gemacht haben und nichts dem Zufall überlassen wollten.

Im Gegensatz zur letzten Scheibe hatten wir im Vorfeld deutlich mehr Zeit – Zeit in der ich die Texte und Songs geschrieben und wir Songs in einem reduzierteren Stil vorproduziert haben. Ich wollte das Ganze auf den Weg bringen und die Linie festlegen. Etwas wirklich bahnbrechend Neues kannst du heutzutage eh nicht mehr machen, also brauchten wir meiner Meinung nach einen auf das wesentliche reduzierten Stil.

Zusätzlich haben wir uns gefragt, womit identifiziert sich eigentlich eine Band. Ich bin der größte Social Distortion Fan der Welt, würde ich behaupten (das aktuelle Album ist in meinen Augen und Ohren totaler Schrott) und habe auch gewisse Bezüge zu Bands wie Slime und sowas. „Antiheld“ ist auf jeden Fall inspiriert durch das „White Trash“-Album von Social Distortion. Auch das „Troublegum“ von Therapy? und das blaue Weezer Album haben uns in gewisser Weise inspiriert. Wenn auch letzteres mit Punk herzlich wenig zu tun hat, war es ein sehr geiles Album. Somit habe ich die Zügel in die Hand genommen, was dem ganzen wohl ganz gut getan hat.

Pressure Magazine: Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

Esche: Absolut. momentan fühlt es sich wie ein Lebenswerk an. Natürlich ist das Quatsch, denn ich sitze bereits an den Songs für das dritte Album.

Pressure Tipp: CD Review zu Serum 114 – „Antiheld“ jetzt lesen

Pressure Magazine: Welche Bedeutung steckt hinter dem Album Titel „Antiheld“?

Esche: Wir mussten nach der Bodog Labelpleite wirklich zu sehen, wo wir bleiben und wie wir weitermachen. Uns war klar, dass wir ein weiteres Album machen wollen, aber wir waren nicht bereit irgendwelche Kompromisse einzugehen, mit denen wir nicht einverstanden sind. Das wir nun tatsächlich kurz vor dem Release unseres zweiten Albums stehen, ohne uns dafür auch nur einmal gebückt zu haben, dass war ein steiniger Weg. Wir haben stur unser Ding durchgezogen, auch wenn wir nicht immer Recht hatten, dass vereint der Titel „Antiheld“ für uns.

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Pressure Magazine: Deine zahlreichen Comic-Tattoos sprechen für sich und auch auf dem Antiheld Platten-Cover selbst hast du dich im Comic-Stil karikaturieren lassen. Welchen Bezug hast du zu Comics?

Esche: Comic-Helden, vor allem die, die auch eine dunkle Seite an sich haben, verkörpern einfach eine gewisse Unantastbarkeit.
Ansonsten gibt es da keinen großartigen Bezug. Da „Die Stadt die wir lieben“ ein zentrales Thema auf „Antiheld“ ist und fast jeder Comic in irgendeiner Metropole stattfindet schien uns ein Comic- Artwork einfach konsequent. Die Fans können sich übrigens auf ein fett durchdachtes „Storybooklet“ mit Poster und Schnick-Schnack freuen, allerdings wird es nur in begrenzter Anzahl zu haben sein.

Pressure Magazine: Welcher Comicheld wärst du gerne und warum? bzw. was würdest du tun/in der Welt ändern, wenn du für einen Tag ein Comicheld wärst?

Esche: Ich wäre Esche, der Misanthrop. Und ich hätte gerne eine nukleare Supermacht, um die ganze scheiß Welt dahin zu jagen wo sie hin gehört… zur Hölle!
Ja, ich wäre der geborene Antiheld… *lacht*

Interview von Nessy & Marcus Liprecht im April 2011

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Pressure Tipp: Serum 114 stellen ihr neues Album am Donnerstag im Mainzer Caveau vor (Beginn: 20 Uhr / Eintritt: 5 Euro).
Das Album „Antiheld“ gibt es ab Freitag in allen Plattenläden oder im Internet für rund 14 Euro zu kaufen.

Mehr zu SERUM 114:

Band-Profil: Serum 114 bei Pressure Magazine

CD-Review: Serum 114 – „Antiheld“

Offizielle Homepage: www.serum114.de

Offizieller Fanclub: www.serum114-fc.de

Foto: peopleshootinpunkass.com

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